Marias Schwestern

Im Geiste

 

Zwölf C-Prints 60x76 cm 

auf Alu-Dibond aufkaschiert 

2012-2013

 

Welches Bild mache ich mir von Dir?

 

Großformatige Fotografien von jungen Frauen, in rot oder blau, und ihren Kindern im hellen Gewand. Manche sind versunken in den Anblick ihres Kindes, andere schauen den Betrachter an. Sie schweben zeitlos vor schwarzem Hintergrund und erinnern an alte Ahnenbildern. Auf den ersten Blick sind diese Bilder schön und nahe am Klischeebild der „glücklichen Mutter“. Bei manchem Betrachter entsteht der Verdacht der Idealisierung, der Ausblendung, des bürgerlichen Postulates. Der zweite Blick, der hinter die Kulisse, der auf die Details achtet, sich liebevoll mit den Hintergründen auseinandersetzt, macht den ganzen Raum erfahrbar, den diese Bilder eröffnen: Für die abgebildeten Mütter ist es die Ausnahme und nicht die Regel sich ästhetisch abgebildet zu sehen und in dieser Schönheit auch von anderen gesehen zu werden. Ich habe junge Mütter fotografiert, die in schwierigen Lebenssituationen stecken, deren Selbstbild weit entfernt vom gesellschaftlichen Idealbild ist. Und die auch von der Gesellschaft oft herablassend, wenig behütend behandelt werden.

 

Die fotografierten jungen Mädchen sind Mütter geworden, obwohl viel dagegen sprach: zu jung, zu wenig Geld, keine fertige Ausbildung, instabile Partnerschaft, Krankheit und andere Krisenfaktoren. Sie sind bedroht von Arbeitslosigkeit, Delogierung, Kindesabnahme, Einsamkeit, Armut. In Österreich erhalten diese jungen Mütter eine gute medizinische Versorgung, aber kaum umfassende psychosoziale Unterstützung. Der Verein „Grow Together“ hat sich zum Ziel gesetzt Projekte zu entwickeln, diesen Mädchen, ihren Partnern und ihren Babies neue Chancen geben. Das Projekt Marias Schwestern ist meine Kooperation mit dem Verein Grow Together. Aufgenommen im Preyerschen Kinderspital in Wien entstanden 2012 und 2013 bisher 12 Portraits.

 

Das Projekt heißt "Marias Schwestern", da die Frauen mit ihren Kindern unbewusst und ungestellt vor der Kamera eine Position eingenommen haben, die an Madonnen-Darstellungen aus der Renaissance erinnern. Dieses Projekt ist für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation. Diese Bilder unterstützen die Mütter in ihrer persönlichen Weiterentwicklung, die ÄrztInnen bei der Arbeit und die BetrachterInnen bei der Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Art sich ein Bild vom anderen zu machen.

 

Die Frage, welches Bild wir uns vom Anderen machen, bewegt die Menschheit von Anfang an. Schon in den Grabmälern der Antike wird die Stärke des Pharaos gezeigt und wenn sein Bild aus dem Stein heraus gemeißelt wird, dann kommt das seiner Vernichtung gleich und der Pharao hört auf zu existieren. Viele indogene Völker hatten den Eindruck, dass ihnen ihre Seele geraubt wird, wenn von ihnen ein Bild gemacht wird. In den großen Weltreligionen wurde erbittert darüber gestritten, ob und wie wir uns ein Bild von Gott machen dürfen. Im Islam herrscht bis heute ein strenges Bilderverbot von Lebewesen. Dem Abbild eines Menschen kam Bedeutung zu, wurde Macht verliehen. In einer Welt in der man mit jedem Handy Fotos machen kann, erscheint dieser Gedanke völlig überholt zu sein. Die Bilder und Selfies, die millionenfach jeden Tag geschossen werden, werden meist nicht als Machtausübung, sondern als spontaner, lustvoller Ausdruck verstanden.

 

„Marias Schwestern“ knüpft an diese Kraft der Abbildung an, gibt ihr ihre ursprüngliche Macht wieder. Diese Bilder machen die Würde und Schönheit dieser jungen Frauen sichtbar und tragen so ganz konkret zu deren Stärkung bei. Durch das Hinschauen auf das, was da ist, auch da ist, noch immer da ist, entsteht ein Raum der Möglichkeit. Die Bilder erfassen nicht nur, was diese Frauen gerade sind, sondern lassen auch Freiraum für ihr Potential. Diese Art des Hinschauens unterstützt sie sie bei ihrer Entfaltung. Mit dem Herzen schauen führt zu dem liebevollen Blick, den gerade junge Mütter und ihre Kinder für eine gute Entwicklung brauchen. Fotografien sind nicht nur irgendein Abbild der Realität, sondern haben für mich auch heute noch die Kraft der Veränderung. Es macht für mich einen Unterschied, wie man angesehen wird und wie man schaut.

 

Irene Kernthaler-Moser

Am Wochenende 5./6.1. 2013  erschien ein ausführlicher Artikel  zu dem Projekt im Standard -  und eines der Bilder wurde 

am Titelblatt präsentiert!

 

Link zum Artikel

Am 31.1.2013 erschien in der Furche

ein ausführlicher Artikel über das Projekt.

 

PDF zum Download

Wir haben den Verein „Grow Together“ 2012 gegründet, um Eltern und Babys in scheinbar aussichtslosen Situationen neue Möglichkeiten und Chancen zu geben. Entstanden ist der Verein aus der Not junger Frauen in Wien. Für Frauen, die unter schwierigsten Bedingungen ihre Kinder bekommen haben und für die es in unserer Gesellschaft, trotz allem Sozialstaat, zu wenig Unterstützung gibt. So kommt es in den schlimmsten Fällen zu Vernachlässigung und Misshandlung von Babys. Oder zu eigentlich vermeidbaren Kindesabnahmen.  

 

Der Verein fördert und entwickelt Projekte für ein gesundes Zusammenleben dieser Familien, damit ihre Kinder psychisch und physisch gesund heranwachsen können. „Grow Together“ steht für das Zusammenwachsen von Familien. Für das gemeinsame Aufwachsen in einer gesicherten und fördernden Umgebung. Und damit auch für das Schließen von erschreckenden Lücken in unserem Sozialsystem.  

 

Mag sein, dass dieser gesicherte, fördernde Familienverband für uns selbstverständlich war. Leider ist er dies für viele Kinder heute nicht mehr. Einigen von diesen will „Grow Together“ das Rückgrat einer sich selbst und das Kind liebenden Mutter zurückgeben. (Und im Idealfall einen unterstützenden, nährenden Vater dazu.)  

 

In dem künstlerischen Foto-Projekt „Marias Schwestern“ wurden Mütter mit hoch belastetem Hintergrund nach dem Vorbild von Madonnenbildern fotografiert. Damit bekamen diese jungen Frauen die Chance, sich als Mutter positiv wahrgenommen zu fühlen. Junge Frauen und Mütter, die von der Gesellschaft oft abgewertet und im Stich gelassen werden. So bewirken und berühren diese Bilder etwas in den Frauen selbst. Wie auch im Betrachter, in der Betrachterin.  

 

Wenn Sie sich berührt fühlen, laden wir Sie ein zu differenzierter Wahrnehmung. Zum Hinterfragen von gesellschaftlich genormten Mutterbildern. Und danken für jede Unterstützung, um diesen belasteten jungen Familien helfen zu können.  

 

www.growtogether.at

 

Dr.med. Katharina Kruppa

 

Empfänger: „Grow Together“

Konto: 82167974300, Erste Bank BLZ: 20111

BIC: GIBAATWWXXX, IBAN: AT602011182167974300